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„Verarschen lassen wir uns nicht.“

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„Verarschen lassen wir uns nicht.“

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Die EU ringt mit dem Impfstoffhersteller AstraZeneca: Wie wirksam ist dessen Impfstoff? Und warum will die Firma die Anzahl der Dosen in Deutschland verringern? Ein Gespräch mit dem EU-Politiker Peter Liese.

t-online: Herr Liese, auf einer Skala von 1-10: Wie wütend sind Sie im Moment? 

Peter Liese: Ich würde sagen, ich stehe so bei 9.5.

Ihr Ärger rührt vermutlich von der aktuellen Diskussion um den Impfstoffhersteller AstraZeneca.

So ist es. Die Debatte hat jedoch zwei Dimensionen, die wir sorgfältig trennen müssen. Das eine ist die von „Bild“ und „Handelsblatt“ veröffentlichte mangelnde Wirksamkeit des Impfstoffs, die bei über 65-Jährigen angeblich bei etwa 8 Prozent liegt. 

Peter Liese, 55, CDU, ist gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Der studierte Mediziner ist Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. Er gilt als eine der wichtigsten Stimmen vonseiten der EU in der Corona-Pandemie. 

Gesundheitsminister Jens Spahn verschickt mittlerweile Pressemitteilungen, dass das nicht stimmen soll. Langsam wird es ein wenig unübersichtlich. 

In der Tat, dabei ist es eigentlich ganz klar: Die Autoren dieser Meldung mit den 8 Prozent haben offenbar Zahlen verwechselt. Richtig ist, dass acht Prozent der Getesteten zwischen 56 und 65 Jahre alt waren, 3-4 Prozent über 70 – nicht, dass der Wirkstoff nur bei acht Prozent der Getesteten wirksam war. Ein bemerkenswerter Unterschied.

Sie gehen also davon aus, dass der AstraZeneca-Impfstoff deutlich wirksamer ist? 

Ich bin nicht der Impfstoffexperte, ich will keine neue Falschmeldung produzieren. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass hier jemand eine Zahl verwechselt hat, ist sehr groß. Die Zahl hat das Unternehmen ja mittlerweile auch dementiert, sie stimmte einfach nicht. Wenn ich irgendwelche Gerüchte hören will, kann ich auch beim Nachbarn klingeln. Darf ich noch etwas hinzufügen? 

Nur zu.

Dass ausgerechnet die „Bild-Zeitung“ hier mal wieder die Fakten durcheinander bringt, ist kein Zufall. Das Blatt wird in der Pandemie seiner Verantwortung nicht ansatzweise gerecht. 

Dass Ihre Wut bei 9.5 von 10 Punkten steht, liegt aber auch am Verhalten des Impfstoffherstellers selbst? 

So ist es. Es ist unglaublich, was da passiert: Die Firma hat schon im August einen Vertrag mit der EU abgeschlossen, und hat seit Oktober auch reichlich Geld bekommen zur Vorfinanzierung ihrer Impfstoffproduktion. Trotzdem heißt es jetzt plötzlich, dass sie deutlich weniger liefern können als vertraglich vereinbart wurde. Mit der fadenscheinigen Begründung, es gebe Probleme mit einem Werk in Belgien, und Großbritannien – wo es keine Probleme mit der Lieferung gibt – würde ja aus anderen Lieferketten versorgt werden. 

Dieses Argument glauben Sie offenbar nicht.

Ich bitte Sie! Der Impfstoff wurde zumindest bis vor kurzem auf deutschem Boden, im sachsen-anhaltinischen Dessau abgefüllt! Von dort aus wurde er auf den britischen Markt verschifft – aber Deutschland soll in der Lieferkette nicht erreichbar sein, wie es vonseiten AstraZeneca argumentiert wird? Das ist ja wohl ein Witz.

Warum argumentiert AstraZeneca dann so – ist das aus Ihrer Sicht Taktik oder mangelnde Kompetenz? 

Ich vermute letzteres, denn ich beobachte Äußerungen von dem Unternehmen, die wirklich nicht Hand und Fuß haben. Es liegt nicht fern, da von mangelnder Kompetenz zu sprechen. Die EU ist der größte Markt – wenn die da verbrannte Erde hinterlassen, das ist für mich nicht nachvollziehbar. Da wird einfach mal so angekündigt, die Verträge nicht erfüllen zu können.

Würde es tatsächlich an Lieferungen mangeln, wankt der Impfplan von Gesundheitsminister Jens Spahn. Welche Möglichkeiten hat die EU im Moment, Druck auf das Unternehmen auszuüben?

Zunächst einmal schießen die sich salopp gesagt ins eigene Knie: So dermaßen schlechte Presse, wie AstraZeneca gerade hat, schmiert ihr ganzer Unternehmenswert ab. Ärzte werden deren Medikamente kaum noch verschreiben, wenn die so weitermachen. Und wir als EU können natürlich jetzt vorschreiben, ob der Impfstoff überhaupt noch an Drittländer exportiert wird. 

Sie wollen also Exporte des Unternehmens beschränken oder ganz einfrieren. 

Wenn AstraZeneca nicht einlenkt, dann ja. Ich sage es mal ganz deutlich: Verarschen lassen wir uns nicht. Wir wollen keinen Impfstoffkrieg, aber wir werden auch nicht in die Röhre schauen.  

Morgen gibt es ein erneutes Treffen mit AstraZeneca-Vertretern. Was erhoffen Sie sich davon? 

Ich erhoffe gar nichts. Hoffnung ist keine Kategorie, wenn es einen unterschriebenen Vertrag über viele Millionen Euro gibt. Ich erwarte etwas! 

Was denn? 

Ich erwarte, dass die Liefermengen für das erste Quartal nach oben korrigiert werden. Das mindeste, was man verlangen muss, ist, dass Kürzungen jetzt gleichmäßig verteilt werden. In Großbritannien weniger und in der EU mehr als 31 Millionen Dosen. Ich bin sicher, dass das Unternehmen den größten Binnenmarkt der Welt nicht so vors Schienbein treten wird. 

Rechnen Sie denn mit einer Zulassung des Impfstoffs am Freitag?

Ja. Denn das ist ein guter Impfstoff. In einem Bild gesprochen spielen Moderna und Biontech im Finale der Champions League – AstraZeneca aber im Halbfinale. Und das ist immer noch verdammt weit oben.

In manchen Bundesländern kann man sich den Impfstoff schon aussuchen. Besteht die Möglichkeit, dass man – um in Ihrem Bild zu bleiben – die Wahl hat, im April den Halbfinal-Impfstoff AstraZeneca zu bekommen oder zu warten und im Juli mit dem Final-Impfstoff von Biontech geimpft zu werden?

Das kann natürlich passieren, ja. Ich finde das übrigens auch gar nicht schlimm! Es gibt Menschen, die wollen lieber Vector-Impfstoffe als MRNA-Impfstoffe, weil sie denen einfach mehr vertrauen. Ich jedenfalls werde nicht zögern, wenn ich an der Reihe bin und mir eine AstraZeneca-Impfung angeboten wird.

Ist die Organisation der Impfung eine Art Feuerprobe für den Staatenbund Europäische Union?

Sehen Sie: All die Alternativen wären schlimmer gewesen. Hätte jeder Staat für sich verhandelt, wären die Verträge nicht so gut geworden. Und wir hätten einen Zerfleischungsprozess innerhalb der EU bekommen. Würde Deutschland sich so verhalten wie die Briten – und sagen: Wir sind halt besser und ihr seid die Dummen, das ginge nicht gut aus. Es gibt keine Alternative, aber das heißt nicht, dass wir nicht ganz in Ruhe diskutieren müssen, wie wir das verbessern können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass irgendwann die nächste Pandemie kommt und dann müssen wir besser vorbereitet sein. 

Herr Liese, vielen Dank für das Gespräch.

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